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Global Gay Cruising Index 2025

Wo Männer die besten Chancen auf spontane erotische Begegnungen haben

Der Global Gay Cruising Index von Erobella zeigt, in welchen Metropolen schwule Männer die größte Vielfalt an Orten für spontane sexuelle Begegnungen finden. Bewertet wurden dabei die Anzahl von Gay Saunas, Cruising Clubs, Gay Bars und öffentlichen Parkanlagen, die zusammen einen Gesamt-Score ergeben.

An der Spitze des Index steht London mit einem Score von 29 von 40 möglichen Punkten. Die britische Hauptstadt überzeugt vor allem durch ihre Vielzahl an Treffmöglichkeiten in öffentlichen Parks (10/10 Punkte) und einem starken Angebot an Saunas und Gay Bars. Direkt dahinter folgt Berlin (26/40 Punkte), bekannt für seine legendäre Fetisch-Clubszene, die weltweit führend ist.

Auf Platz drei liegt Paris (25/40 Punkte), das mit einer hohen Dichte an Gay Saunas (10/10 Punkte) und Clubs punktet, während Madrid (22/40 Punkte) ebenfalls ein starkes Sauna-Angebot aufweist, jedoch kaum Cruising-Parks. Barcelona erreicht 18/40 Punkte und profitiert vor allem von seiner Clubszene.

In den USA führt New York mit 14/40 Punkten, vor allem durch seine große Zahl an Gay Bars (10/10 Punkte). San Francisco (11/40 Punkte) und Chicago (10/40 Punkte) folgen auf den weiteren Plätzen, überraschend fällt Miami mit nur 8/40 Punkten deutlich ab.

Die historischen Wurzeln der Diskrepanz: Warum Europa heute beim Cruising vorneliegt

Der Index macht eine deutliche Kluft zwischen Europa und Nordamerika sichtbar. Während Metropolen wie London, Berlin und Paris als pulsierende Zentren für schwule Begegnungen gelten, hinken Städte in den USA und Kanada hinterher. Dieser Unterschied ist kein Zufall, sondern das Ergebnis tiefgreifender historischer, kultureller und politischer Entwicklungen, die bis in die 1980er Jahre zurückreichen.

Die HIV-Krise als Wendepunkt: Unterschiedliche Reaktionen, nachhaltige Folgen

Die verheerende HIV/AIDS-Krise der 1980er Jahre markiert einen entscheidenden Wendepunkt. Während die Epidemie weltweit wütete, unterschieden sich die Reaktionen der Behörden in den USA und Europa fundamental. In den USA, insbesondere in Hotspots wie San Francisco und New York, führte eine von Angst und moralischer Panik geprägte Politik zur Schließung der schwulen Badehäuser. 1984 wurden in San Francisco unter Bürgermeisterin Dianne Feinstein 14 der 30 überwachten Etablissements geschlossen, was durch eine richterliche Anordnung, die private Räume mit abschließbaren Türen verbot, faktisch zu einem kompletten Verbot führte [1]. Ein Jahr später, im Oktober 1985, ermächtigte der Bundesstaat New York die lokalen Gesundheitsbehörden ebenfalls, Badehäuser zu schließen, was zur permanenten Schließung des berühmten New St. Mark’s Baths am 7. Dezember 1985 führte [2].

Diese Maßnahmen wurden von vielen als Angriff auf die schwule Community und ihre hart erkämpften Freiheiten empfunden. Aktivisten wie Harry Breaux beschrieben die Schließungen als das Kappen der Kommunikationslinien der Community [1]. Die Badehäuser waren mehr als nur Orte für anonymen Sex; sie waren soziale Zentren, Fitnessstudios, Networking-Orte und Räume der Gleichheit, in denen der soziale Status keine Rolle spielte. Die Schließungen wurden als „dignity taking“ (Würde-Nehmen) bezeichnet – eine Enteignung ohne legitimen öffentlichen Zweck, die darauf abzielte, die betroffene Gruppe zu entmenschlichen [3].

Im Gegensatz dazu verfolgten die meisten europäischen Länder einen pragmatischeren Ansatz. Anstatt die Saunen zu schließen, wurden sie als Orte der Aufklärung und Prävention genutzt. Nur Schweden folgte 1985 dem amerikanischen Beispiel, hob das Verbot jedoch 2004 wieder auf [4]. In Ländern wie Deutschland und den Niederlanden arbeiteten Gesundheitsbehörden mit den Betreibern und schwulen Organisationen zusammen, um Safer-Sex-Praktiken zu fördern und Kondome sowie Informationsmaterial bereitzustellen. Dieser Ansatz verhinderte nicht nur die Zerstörung einer wichtigen Infrastruktur der schwulen Subkultur, sondern stärkte auch das Vertrauen und die Zusammenarbeit innerhalb der Community.

Die Folgen: Eine bis heute spürbare Kluft

Die unterschiedlichen Strategien der 1980er Jahre wirken bis heute nach. Während die europäische Sauna- und Cruisingkultur die Krise überlebte und sich weiterentwickelte, hat sich die amerikanische Cruising-Szene von diesem Kahlschlag nie vollständig erholt. Die Schließungen hinterließen ein Vakuum, das durch die Konzentration auf Bars nur unzureichend gefüllt werden konnte, wie der Global Gay Cruising Index zeigt.

Methodologie

Für die Erstellung des Global Gay Cruising Index wurden internationale Metropolen daraufhin untersucht, wie vielfältig und zugänglich ihre Szenen für spontane sexuelle Begegnungen zwischen Männern sind. Grundlage war die Erhebung und Auswertung von vier zentralen Kategorien:

  • Gay Saunas
  • Cruising Clubs
  • Gay Bars
  • Öffentliche Parkanlagen

Jede Stadt erhielt in den jeweiligen Kategorien eine Punktzahl, die die Anzahl der vorhandenen Einrichtungen widerspiegelt. Um die Vergleichbarkeit zwischen den Städten zu gewährleisten, wurden alle Werte anhand der Bevölkerungsgröße gemessen und auf einer Skala von 1 bis 10 standardisiert. Dabei erhielt die Stadt mit der höchsten Anzahl innerhalb einer Kategorie den Maximalwert 10. Die Stadt mit der geringsten Ausprägung erhielt den Wert 1, während die übrigen proportional dazwischen eingestuft wurden.

Die einzelnen Punkte der vier Kategorien wurden anschließend aufsummiert, um den Gesamtwert einer Stadt – den sogenannten Cruising-Score – zu berechnen. Dieser Score zeigt an, wie stark das Angebot an Orten für spontane sexuelle Begegnungen ist und ermöglicht den direkten Vergleich zwischen Städten weltweit.

Quellen:

[1] San Francisco AIDS Foundation. (2021, December 22). The bathhouse battle of 1984. https://www.sfaf.org/collections/beta/the-bathhouse-battle-of-1984/

[2] The New York Times. (1985, October 26). STATE PERMITS CLOSING OF BATHHOUSES TO CUT AIDS. https://www.nytimes.com/1985/10/26/nyregion/state-permits-closing-of-bathhouses-to-cut-aids.html

[3] Bates College. (2018, March 16). Did closing New York City bathhouses in the 1980s strip dignity from gay men?. https://www.bates.edu/news/2018/03/16/did-the-1980s-closure-of-nycs-bathhouses-strip-dignity-from-gay-men/

[4] Woods, W. J., et al. (2013). Gay bathhouse HIV prevention: the use of staff monitoring and client intervention to reduce the prevalence of unprotected anal intercourse. PMC. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC3772683/

[5] TravelGay. (n.d.). The Best Gay Saunas in Europe. https://www.travelgay.com/editorial/the-best-gay-saunas-in-europe

[6] Steves, R. (2015, November 16). European Flesh and the American Prude. Rick Steves‘ Europe. https://blog.ricksteves.com/blog/european-flesh-and-the-american-prude-2/[7] ILGA-Europe. (2025). Rainbow Map 2025. https://rainbowmap.ilga-europe.org/

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